Erziehung
Bildung
Zitat aus der ersten Nachkriegsausgabe der Göttinger Universitäts-Zeitung vom Dezember 1945
Herausgegeben von Dozenten und Studenten der Universität mit Genehmigung der Militär-Regierung
Aus: von Holst, Erich, Politik und Hochschule? Wissenschaft und Politik. Ein Gespräch zwischen zwei Unpolitischen, in: Göttinger Universitäts-Zeitung (Herausgegeben von Dozenten und Studenten der Universität mit Genehmigung der Militär-Regierung) Nr. 1 (Di., 11. Dezember 1945), S. 5. Hier zitiert aus dem Abdruck/Reprint in:: duzMAGAZIN (Gegründet 1945 als "Göttinger Universitätszeitung) , 61. Jg. (2005), Heft 12.
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Wolfgang Klafki zum Erziehungsbegriff
"Wir halten an dieser Stelle zweierlei fest.
- Erziehung wird ... als ein intentionales, d. h. von einem bestimmten Ziel-Willen der Erziehenden in Gang gesetztes Geschehen verstanden.
- der Inhalt, das Ziel jener Intention wird durch die Formel »um des jungen Menschen willen« bezeichnet."
Klafki, Wolfgang (1976): Das pädagogische Verhältnis und die Gruppenbeziehungen im Erziehungsprozeß. In: Wolfgang u. a. Klafki (Hg.): Erziehungswissenschaft 1. Eine Einführung.
Orig.-Ausg., 288.-317. Tsd. Frankfurt/Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag (Funk-Kolleg Erziehungswissenschaft, 1.), S. 58. Siehe auch die Kritik an Klafki's Argumentation bei Gröll, Johannes (1975):
Erziehung im gesellschaftlichen Reproduktionsprozeß. Vorüberlegungen zur Erziehungstheorie in prakt. Absicht. Frankfurt a.M.: Suhrkamp (EDITION SUHRKAMP, 802), S. 24 ff.
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"Ich fürchte, unsere allzu sorgfältige Erziehung liefert uns Zwergobst."
Georg Christoph Lichtenberg | Mathematiker und Schriftsteller 1742 bis 1799
Gefunden unter: http://zitate.net/georg-christoph-lichtenberg-zitate
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"Zum Ziele der Erziehungskunst, das uns vorher klar und groß
vorstehen muß, ehe wir die bestimmten Wege dazu messen, gehört die
Erhebung über den Zeitgeist. Nicht für die Gegenwart ist das Kind zu
erziehen - denn diese tut es ohnehin unaufhörlich und gewaltsam -,
sondern für die Zukunft, ja oft noch wider die nächste."
Jean Paul, Levana § 32
Hier
zitiert aus: Fertig, Ludwig (1984): Zeitgeist und Erziehungskunst. Eine
Einführung in die Kulturgeschichte der Erziehung in Deutschland von
1600 bis 1900. Darmstadt: Wiss. Buchges., S. VII.
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Blankertz formulierte die Ausgangslage für das Studium der Bildungs- und Erziehungswissenschaften treffend, wenn er feststellte:
"Was das >Leben< eigentlich sei, auf das die Erziehung vorzubereiten habe, welche Situationen dieses Lebens vorrangige Relevanz beanspruchen müßten, welche Qualifikationen zu ihrer Bewältigung erforderlich wären und schließlich, welche Lerninhalte eben jene Qualifikationen verläßlich aufbauten, ist umstritten. Die Geschichte des pädagogischen Denkens wie der erzieherischen Praxis und ihrer Institutionen ist die Geschichte der Auseinandersetzung um eben diese Frage."
Blankertz, Herwig, Analyse von Lebenssituationen unter besonderer Berücksichtigung erziehungswissenschaftlich begründeter Modelle: Didaktische Strukturgitter, in: Frey, Karl, Curriculum Handbuch, München - Zürich 1975, S. 202.
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Daß die, zumal im Protestantismus, so gepriesene christliche Kindererziehung im christlichen Familienleben, christlich betrachtet, auf einer Lüge, auf eitel Lüge beruht
Im allgemeinen lebt man in der „Christenheit“ wohl so, daß die Eltern sich gar nicht damit befassen, Christen anders als dem Namen nach zu sein, ja eigentlich keine Religion haben. Die Erziehung des Kindes besteht denn in einer gewissen Dressur; man lehrt es eine Portion, ohne daß man ihm jedoch eine religiöse, geschweige denn eine christliche Anschauung vom Leben beizubringen suchte oder zu ihm von Gott redete, vollends nicht nach den dem Christentum eigentümlichen Begriffen und Vorstellungen.
Anders ist es in den Familien, die mit ihrem Ernst im Christentum sich gerne selbst gar wichtig sind und von dem christlichen Familienleben und von der Bedeutung einer christlichen Kindererziehung viel zu reden wissen. Hier ist ein Gerede und eine Wichtigtuerei, daß die Erziehung des Kindes im Christentum schon mit der frühesten Kindheit beginne.
Indessen ist die Wahrheit die, daß diese christliche Kindererziehung im christlichen Familienleben (der Stolz des Protestantismus!), christlich betrachtet, auf einer Lüge, auf eitel Lüge beruht. Und das ist sehr leicht nachzuweisen.
Fürs erste. Was, christlich genommen, das Dasein des Kindes herbeigeführt hat, kann ja von den Eltern vor den Ohren des Kindes christlich wahr nicht zur Sprache gebracht werden. In selbstischem Interesse — aber unter der Etikette des Christentums! — ziehen die Eltern das Kind in der Anschauung auf, als hätte es den Eltern sein Dasein als eine außerordentliche Wohltat zu danken, als wäre dies Meisterstück der Eltern, dem das Kind sein Dasein verdankt, Gott besonders wohlgefällig. Das heißt: durch die „christliche Kindererziehung“ stellt man das Christentum geradezu auf den Kopf, verkehrt seine Lebensanschauung ins gerade Gegenteil ... Christlich angesehen ist es nichts weniger als die größte Wohltat, einem Kinde das Leben zu schenken (das ist Heidentum!); christlich betrachtet nichts weniger als Gott wohlgefällig, macht es in seinen Augen nichts weniger als angenehm, daß man sich damit befaßt, Kinder zu zeugen (eine solche Vorstellung von Gott ist heidnisch, sogar den niederen Stufen des Heidentums angehörig, oder sie ist die Art von Judentum, welche das Christentum gerade weg haben wollte); christlich angesehen ist dies der höchste Grad von Egoismus, daß ein anderes Wesen, weil Mann und Weib sich nicht beherrschen können, in diesem Jammertal und dieser Strafanstalt vielleicht 70 Jahre lang schmachten muß und vielleicht ewig verloren geht.
Fürs zweite. Daß die Welt, worin das Kind durch die große Wohltat der Eltern eingetreten ist, christlich genommen, eine sündige, gottlose, arge Welt ist; daß auf jeden, der in sie hineingeboren wird, wenn er unter die Zahl der Erlösten kommt, Jammer, Not und Elend, wenn er unter diese Zahl nicht kommt, ewiges Verderben wartet: das können die Eltern dem Kinde nicht sagen. Das Kind hat einerseits kein Verständnis dafür, es ist in seiner Unmittelbarkeit zu glücklich, um derlei zu verstehen; andererseits können ja die Eltern um ihrer selbst willen solches dem Kinde nicht gut sagen. Jedes Kind ist in seiner Naivetät mehr oder weniger genial. Gesetzt nun, das Kind sagte in seiner Naivetät zu den Eltern: „Wenn aber die Welt so ist und solches auf mich wartet, so ist es ja nicht gut, daß ich in diese Welt gekommen bin“ — bravo, mein kleiner Freund, du hast's getroffen! — so ist das eine gar fatale Situation für die Eltern! Nein, im Christentum läßt sich nun einmal nicht pfuschen!
Fürs dritte. Die wahre christliche Vorstellung von Gott können die Eltern dem Kinde auch nicht beibringen, und sie haben ein egoistisches Interesse daran, es auch nicht zu tun. Daß diese Welt vor Gott eine verlorene Welt, jeder Geborene durch seine Geburt ein Verlorener ist; daß nach Gottes Liebeswillen ein Mensch absterben soll; daß Gott ihn also, wenn er ihm aus Gnaden seine Liebe zuwendet, aus lauter Liebe durch alle Leiden durchmartert, um das Leben von ihm zu nehmen (denn was Gott will, wiewohl aus Liebe, das ist dies: er will von dem Geborenen das Leben wieder haben, will ihn in einen Abgestorbenen verwandeln, in einen, der als ein Abgestorbener lebt): das kann ein Kind, auch wenn man es ihm sagen würde, nicht festhalten, und die Eltern hüten sich aus Egoismus wohl, ihm das zu sagen. Was tun sie also? Sie reden von „christlicher“
Kindererziehung, schöpfen aber frischweg aus dem Brunnen des Heidentums, ganz wie ich es oben beschrieb: es ist eine außerordentliche Wohltat, daß du da bist; es ist eine herrliche Welt, in die du hereingekommen bist; und Gott ist der beste Mann, den man sich denken kann; halte dich nur an ihn; alle deine Wünsche erfüllt er dir wohl nicht, aber er hilft schon. Lauter Lüge.
Die so hoch gepriesene christliche Kindererziehung besteht also darin, daß man das Kind mit lauter Lügen vollpfropft. Das so hoch gepriesene christliche Familienleben ist, christlich genommen, selbst eine Lüge. Christlich betrachtet, gibt es kein Familienleben, geschweige denn, daß es den Anspruch erheben könnte, die wahrste Darstellung des Christentums zu sein; es kann höchstens als eine Konzession geduldet werden. Und, selbst auf einer Lüge beruhend, stopft das christliche Familienleben das Kind mit Lügen voll, findet dann selbst Geschmack an der Art Kinderchristentum (kein Wunder; denn sie ist Heidentum) und wird sentimental bei dem Gedanken, daß man nur als Kind ein wahrer Christ ist.
Und was ist dann die Folge dieser gepriesenen christlichen Kindererziehung? Entweder bummelt das Kind in demselben Schlendrian als Mann, Vater und Greis durch das Leben hin, oder es muß ihm in diesem Leben ein Augenblick kommen, wo es in die schrecklichste Anfechtung gerät, ob entweder Gott so niederträchtig ist, daß er einem armen Kinde solche geradezu verkehrten Anschauungen über ihn selbst beibringen läßt, oder ob seine Eltern Lügner waren.
Und wenn dann dieser Schmerz verwunden ist, wenn das Kind verstanden hat, daß auf seiten Gottes alles in Richtigkeit ist, daß er an den Einfällen und dem Geschwätz der Menschen über ihn gänzlich unbeteiligt ist und daß die Eltern ja jedenfalls in menschlicher Liebe es wohl mit ihm meinten: so braucht es vielleicht doch lange, lange Zeit und die schmerzlichste Kur, um sich alles dessen wieder zu entledigen, womit eine „christliche“ Kindererziehung es vollgepfropft hatte.
Sieh, das ist die Folge der so hoch gepriesenen christlichen Kindererziehung; auf eine Lüge gegründet ist sie eitel Lüge. Die Geistlichen aber, sie singen ihr Lob. Nun, und das versteht sich; wenn schon ein Mensch hinreicht, einer ganzen Stadt die Cholera zu bringen, so sind tausend Meineidige mehr als genug, eine ganze Gesellschaft anzustecken, so daß ihr „christliches“ Leben, christlich betrachtet, eitel Lüge ist.
Aus: Kierkegaard, Sören; Schrempf, Christoph; Pfleiderer, Wolfgang; Gottsched, H. (2009): Der Begriff der Angst. Philosophische Schriften 2., 1. Auflage, Frankfurt am Main: ZWEITAUSENDEINS Versand- Dienst GmbH.
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Max Weber über Erziehung
In
seinem 1904 veröffentlichten Beitrag „Die
protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ kommt
der bekannte deutsche Soziologe Max Weber zu folgendem Ergebnis:
„Die heutige kapitalistische Wirtschaftsordnung ist ein ungeheurer Kosmos, in den der einzelne hineingeboren wird und der für ihn, wenigstens als einzelnen, als faktisch unabänderliches Gehäuse, in dem er zu leben hat, gegeben ist. Er zwingt dem einzelnen, soweit er in den Zusammenhang des Marktes verflochten ist, die Normen seines wirtschaftlichen Handelns auf. Der Fabrikant, welcher diesen Normen dauernd entgegenhandelt, wird ökonomisch ebenso unfehlbar eliminiert, wie der Arbeiter, der sich ihnen nicht anpassen kann oder will, als Arbeitsloser auf die Straße gesetzt wird. Der heutige, zur Herrschaft im Wirtschaftsleben gelangte Kapitalismus also erzieht und schafft sich im Wege der ökonomischen Auslese die Wirtschaftssubjekte – Unternehmer und Arbeiter – deren er bedarf.“
Aus:
Weber,
Max; Ulfig, Alexander (2006): Religion und Gesellschaft. Gesammelte
Aufsätze zur Religionssoziologie, Frankfurt am Main:
Zweitausendeins, S. 40.
Zur Nationalerziehung siehe:
Huisken, Freerk (2013): Nationalerziehung: Früh wird gekrümmt, was ein guter deutscher Patriot werden soll
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